Letzebuerger Journal 28.2.2006
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"Das Scheidungsgesetz gehört komplett überarbeitet"
Interview mit Fernand Kartheiser, Sekretär der neuen "Association des Hommes Luxembourgeois"

 

                         Photo : F.Aussems

 

 

Am 18. Dezember 2005 wurde die .Association des Hommes du Luxembourg" (AHL) gegründet, welche die "Association luxembourgeoise d'Aide aux Hommes Divorcés ou en instance de Divorce" ersetzen soll. Die AHL kümmert sich auch weiterhin um den Themenbereich Scheidung, hat aber gleichzeitig ihr Tätigkeitsfeld erweitert. In diesem Kontext unterhielten wir uns mit Fernand Kartheiser, der die Rolle des Sekretärs der Vereinigung übernommen hat.
Letzebuerger Journal: Herr Kartheiser, was hat sich mit der Neugründung der "Association des Hommes du Luxembourg" geändert?
Fernand Kartheiser: Die AHL beschäftigt sich auch weiterhin mit dem Thema Scheidung. Da Männer und Jungen jedoch oft noch mit ganz anderen Problemen zu kämpfen haben, mussten wir unser Mandat erweitern. Bisher gab es in Luxemburg keine Organisation, die sich mit männerspezifischen Schwierigkeiten auseinandersetzte, derweil es ja zahlreiche Frauenorganisationen gibt, die wiederum massiv vom Staat unterstützt werden. Wir versuchen mit der AHL diese Lücke zu füllen. Wir betreten sozusagen Neuland, fangen also bei Null an. Eine statutarische Basis war der Anfang, jetzt hoffen wir auf die nötige Unterstützung.
LJ: Sie sind der Ansicht, dass wenn von Chancengleichheit gesprochen wird, sich dies zu sehr auf die Frauen bezieht, derweil der Mann deutlich in den Hintergrund tritt...
F.K: ...ja, das denken wir. Gleichgültig über welchen Bereich wir reden, der Begriff der Chancengleichheit wird in diesem Land stets zu Gunsten der Frau ausgelegt. Wir befinden uns momentan in einer Situation, in der die Frau gegenüber dem Mann klar privilegiert wird. Dieses Ungleichgewicht wird von der Politik konsequent vorangetrieben und genau hier bewegen wir uns in die falsche Richtung. Die Interpretation von Chancengleichheit bezieht sich nicht nur auf ein Geschlecht. Wir haben längst eine Situation erreicht,
in der es einem Begriff wie Chancengleichheit droht, seines Sinnes entleert zu werden.
LJ: Die Nachfrage an Ihrer neuen Vereinigung ist demnach durchaus gegeben?
F.K.: Davon können Sie ausgehen. Allein gestern Abend erhielten wir über 20 Anrufe, wobei es sich meist um äußerst tragische Fälle handelt. Dramatische Scheidungsfälle werden uns zuhauf geschildert, Männer die ohne Geld da stehen, kein Zuhause mehr haben und sich in einer ausweglosen Situation befinden. Wir sind uns durchaus bewusst, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, bis wir betroffenen Männern gezielt helfen können.
LJ: Worin ist also die Aufgabe der AHL zu sehen?
F.K.: In konkreten Fällen zu helfen ist natürlich ein wichtiges Ziel, wobei wir davon leider noch weit entfernt sind. In einem ersten Schritt werden wir an die Parteien sowie an die öffentlichen Instanzen herantreten, auch an die Regierung, um zu bewirken, dass bestehende Gesetze überarbeitet oder geplante Gesetze gar nicht erst gestimmt werden. Denn einige von diesen gehen unserer Ansicht nach, weit über das hinaus, was noch gerecht und vertretbar ist.
LJ: Was gibt es konkret auszusetzen?
F.K.: Das geplante Scheidungsgesetz müsste beispielsweise komplett überarbeitet werden, vor allem die Artikel betreffend die Wohnung, die Unterhaltszahlungen sowie das Sorgerecht, unsere drei Hauptkritikpunkte. Auch das Gesetz über die sexuelle Belästigung gehört dringend reformiert. Was das Thema Gewalt in der Ehe angeht, so hat Luxemburg mittlerweile das strengste Gesetz auf der ganzen Welt.
Gewalt in der Ehe
Bei der Debatte über häusliche Gewalt fehlt es an Objektivität. Als das Gesetz damals gestimmt wurde, hat auch keine wirkliche gesellschaftliche Debatte über häusliche Gewalt stattgefunden. Es wurden lediglich feministische Maximalforderungen in einen Gesetzestext gegossen. Nun         muss aber, unserer Meinung nach, dieses Gesetz überprüft werden, und zwar auf möglichst objektive Weise. Leider ist es so, dass die Schuld an der häuslichen Gewalt oft automatisch beim Mann vermutet wird, dabei gibt es durchaus auch viele gewalttätige Frauen. Darüber wird jedoch kaum geredet, oder es wird nur behauptet, dass gewalttätige Frauen nur die selbst erfahrene Gewalt "weitergäben" . So einfach darf man es sich jedoch nicht machen.
LJ: Es gibt anscheinend viel zu beanstanden. Wo wollen Sie anfangen?
F.K.: Wir sind eine neue Vereinigung. Wir versuchen erstmal mit den politischen Parteien in Kontakt zu treten, um unsere Anliegen vorzubringen. Wir waren bereits bei der Ministerin für Chancengleichheit und beim Ombudsman, auch da werden wir noch auf verschiedene Punkte zurückkommen. Es kann beispielsweise nicht angehen, dass getrennt lebende oder geschiedene Männer nach einer gewissen Zeit steuerlich zurückgestuft werden, also steuerlich wie kinderlose Junggesellen behandelt werden, obwohl sie Unterhaltskosten zu zahlen haben und für ihre Kinder auch in anderer Hinsicht sorgen. Das ist in höchstem Maße unfair. Sie sehen: es gibt eine
ganze Reihe konkreter Probleme denen wir uns widmen müssen.
LJ: Wie steht es mit der Chancengleichheit bei Jugendlichen, ein weiteres Thema, das Ihnen nahe liegt?
F.K.: Da fällt mir jetzt auf Anhieb der "Girl's day" ein, weil das Thema gerade aktuell ist. Vorgegebenes Ziel ist es den Mädchen Einblick in Männerberufe zu gewähren. In Vergessenheit gerät dabei, dass auch Jungs nicht mit dem Schraubenzieher in der Hand geboren werden. Es würde sich sicherlich auch positiv auf sie auswirken, verschiedene, technische Betriebe kennenlernen zu dürfen. Diese Chance wird den Jungen leider vorenthalten. Außerdem werden die Mädchen an diesem Tag vom Unterricht freigestellt, während die Jungs in die Schule gehen müssen. Unterstützt wird diese Initiative vom Unterrichtsministerium. Wenn wir von Chancengleichheit reden, dann bitte in allen Bereichen, auch im Bereich der Berufsorientierung. Haben wir es hier vielleicht nicht mit sexueller Diskriminierung zu tun? Ein "Girl's Day" gehört in die Ferienzeit. Eine staatlich organisierte oder geförderte Berufsorientierung jedoch, soll geschlechtlich neutral und ohne jede Diskriminierung während der Schulzeit organisiert werden.

Das Gespräch führte Simone Molitor

 


Source: Letzebuerger Journal 28.2.2006


 

 

 

 

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