Muttertag mit Alice Schwarzer: Dem Führer kein Kind mehr
Ende Mai, also zwischen dem in Deutschland Mitte jenes Monats
und bei uns am morgigen Sonntag gefeierten Muttertag, hat die bekannte
Feministin Alice Schwarzer die Rolle von Vätern und Müttern wieder mal aus ihrer
Sicht kommentiert. Sie tat dies in einem Interview mit dem Magazin DER SPIEGEL
(29.5.06) und schreckte dabei nicht einmal davor zurück, den Junggesellen Adolf
Hitler ins Spiel zu bringen, in dem seinerzeit bekanntlich viele den Führer
anhimmelnde deutsche Mütter eine Art zweiten Vater ihrer Kinder, vor allem ihrer
kleinen Knaben sahen, die später einmal für Führer, Volk und Vaterland in den
Krieg ziehen sollten. Und Hitler hat es ihnen gedankt. Denn schließlich war
er's, der den auch im von den Nazis besetzten Luxemburg eingeführten Muttertag
erfunden hat.
Womit nun aber wirklich nicht gesagt sein soll, der Ehrentag der
Mütter gehöre, ob dieses etwas anrüchigen Ursprungs, schleunigst wieder
abgeschafft. Schließlich käme auch niemand auf die Idee, alle Autobahnen zu
zerstören, bloß weil Hitler der Erste war, der in Europa mit dem Bau derselben
begonnen hat. Nicht für die wenigen Autos, die damals auf deutschen Straßen
zirkulierten, sondern damit die Fahrzeuge seiner Wehrmacht schneller zu den
verschiedenen Fronten des bereits geplanten Krieges gelangen konnten. An
Stammtischen (übrigens auch an luxemburgischen) wird dieser Einwand gern mit dem
Hinweis beiseite gewischt, durch den Bau von Autobahnen sei es Hitler immerhin
gelungen, die Arbeitslosigkeit einzudämmen. - Na also: Die Autobahnen sollen
erhalten bleiben und der Muttertag ebenfalls!
Zu sarkastisch aber scheint sogar Carlsson Alice Schwarzers
Anmerkung bezüglich der gewollten Kinderlosigkeit vieler deutscher Paare, die
bereits zu einem drastischen Geburtenrückgang in unserem Nachbarland geführt
hat. Sie sorge sich deswegen "nicht die Bohne",so die prominente Feministin.
"Wir müssen doch im Jahr 2006 dem Führer kein Kind mehr schenken." Persönlich
vermisst sie schon deshalb eigene Kinder nicht, "weil ich viel mit Kindern zu
tun habe". Auch ihr Mitgefühl schenkt sie bereitwillig Kindern, besonders den
nahezu sechs Millionen, die jährlich in dieser überbevölkerten Welt verhungern.
Und mal abgesehen von Frau Schwarzers Ansichten, ist es
sicherlich angebracht, von Zeit zu Zeit Not leidende Kinder in fernen Ländern
mit einer kleinen Spende zu unterstützen. Das ist zudem weit weniger stressig,
als eigene kleine Schreihälse alltäglich zu ertragen.
Von der feministischen Front gibt es in diesen schlimmen Zeiten
allerdings auch Erfreuliches zu vermelden: Zum einen steht bereits seit einem
Jahr "ein weiblicher Mensch" an der Spitze Deutschlands, zum andren erheben die
Frauen immer deutlicher den Anspruch auf eine gerechte Teilung der Macht, ein
Begehren, das, laut Schwarzer, das Patriarchat "in Panik" versetzt. Da frohlockt
aber das Herz der kämpferischen Alice, die immerhin schon seit gut dreieinhalb
Jahrzehnten sich einsetzt für die Rechte der Frau in der - ihrer Meinung nach -
von Männern dominierten Gesellschaft. Besonders die von ihr Anfang der 1970er
Jahre angeführte Kampagne zur Abschaffung des so genannten
Abtreibungs-Paragraphen 218 hatte sie in weiten Kreisen der Bevölkerung - nicht
nur der männlichen - zur Buh-Frau der Nation werden lassen. Und die Empörung
über die Schwarzer war auch in anderen europäischen Ländern nicht weniger groß
gewesen. Sprüche wie "Mein Bauch gehört mir", wurden nicht nur von
Kirchenführern und ihren frommen Anhängern verdammt, auch ganz gewöhnliche
Männer/Machos waren empört ob solcher Dreistigkeit. - Hatte eine Frau denn nicht
unter allen denkbaren Umständen, folglich auch nach einer Vergewaltigung, bei
durch die Schwangerschaft bedingter Gefährdung des eigenen Lebens und unter
katastrophalen sozialen Verhältnissen die "Frucht ihres Leibes" bis zur Geburt
eines unerwünschten Kindes auszutragen?
Vieles hat sich diesbezüglich in der Zwischenzeit geändert.
Schwangere Frauen haben die Möglichkeit, den Fötus sehr früh auf schwere
genetische Schäden untersuchen zu lassen und je nach Resultat, möglichst
gemeinsam mit dem Partner, einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung zu ziehen.
Und abgetrieben wird ja wohl, ob inner- oder außerhalb unserer Landesgrenzen sei
dahingestellt. Frauen werden deswegen aber kaum noch von der Gesellschaft
stigmatisiert. Abtreibung ist in der Öffentlichkeit (außer in den USA, wo
religiöse Eiferer vor Abtreibungskliniken lauern, um Ärzte zu ermorden) weltweit
kaum noch ein Thema.
Was aber nicht heißen will, eine beiläufig vorgenommene
Abtreibung belaste eine Frau nicht mehr als beispielsweise die Entfernung des
Blinddarms und sei, ethisch betrachtet, so ziemlich dasselbe. Dass dem nicht so
ist, würden wohl die meisten Frauen bestätigen, die, sogar wenn triftige Gründe
vorlagen, den Eingriff an sich haben vornehmen lassen. Männern aber, besonders
religiösen Würdenträgern, die selbst gegen das Gebot der Keuschheit verstoßen,
sollten anstandshalber lieber nicht über Frauen urteilen, die abgetrieben haben.
"Mein Bauch gehört mir"
Den feministischen Spruch "Mein Bauch gehört mir" möchte
Carlsson dennoch nicht uneingeschränkt gelten lassen. - Sind sich zwei Menschen
nämlich einig, ein Kind auf die Welt setzen zu wollen, steht es einer Frau nicht
zu, dasselbe aus einer Laune heraus und ohne sich um das Einverständnis des
Partners zu kümmern, abtreiben zu lassen. Denn mag auch der Bauch, in dem ein
Menschlein heranwächst, der Frau gehören, so hat dasselbe doch die Hälfte seiner
Gene vom Vater. Und diese zu vernichten, hat m.E. eine werdende Mutter nicht
ohne Weiteres das Recht.
Bezüglich der zunehmenden Kinderlosigkeit vieler Paare in der
Bundesrepublik räumt Alice Schwarzer ein, dass die Emanzipation der Frauen
durchaus einer der Hauptgründe hierfür sein könnte. Deutsche Frauen wollten zwar
immer noch Kinder, aber sie möchten dafür nicht mehr - wie's früher üblich war -
auf Beruf und Karriere verzichten. Einzig optimale staatliche Rahmenbedingungen
und eine bessere Unterstützung durch die Väter bei der Kindererziehung könnten
Frauen dazu bewegen, ihren derzeitigen "stillen Gebärstreik" zu beenden und
wieder für mehr Nachwuchs zu optieren.
"Frauenfalle"
Im von staatlicher Seite gewährten Erziehungsurlaub aber sieht
A.S. eine regelrechte "Frauenfalle", da nach demselben nicht einmal jede zweite
Mutter an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, sondern bei ihren Kindern sitzen
bleiben und ihren Mann "unterstützen"(?) würde.
Und schon wieder sind Männer schuld, zumal sie einen solchen
Entschluss auch noch beeinflussen würden mit dem Argument, auf diese Weise
liegen sich Steuern sparen. Mag ja sein, liebe Alice, aber Carlsson und
möglicherweise auch Ihnen, LeserIn, sind Fälle bekannt, in denen sich Mütter,
ohne dass sie von ihrem "bösen" Mann unter Druck gesetzt werden, dafür
entscheiden, zu Hause zu bleiben und ihre Kinder selbst zu erziehen, statt sie
in eine Krippe zu stecken. Was keineswegs verhindert, dass der Mann nach
Feierabend sehr wohl auch im Haushalt zupacken darf und oft auch... muss.
Die von Frau Schwarzer geforderte "Umerziehung" der Männer ist
demnach kaum noch notwendig: sie hat ja längst stattgefunden. Und es kann daher
durchaus sein, dass in nicht allzu ferner Zukunft potenzielle Väter in einen
"stillen Zeugungsstreik" treten werden, weil sie mit der neumodischen
Rollenverteilung nicht mehr einverstanden sind: Wer sich den ganzen Tag an
seinem Arbeitsplatz abgerackert hat, möchte am Abend nicht unbedingt noch Frau
und Kinder bekochen, die Wohnung aufräumen und putzen, die Wäsche bügeln und
Hausaufgaben kontrollieren. Sonst wär's ja vielleicht besser, die Frau würde
ihrem Beruf nachgehen, und ihr Gemahl würde als Hausmann die ganze Arbeit im
Haushalt sowie die Kinderbetreuung übernehmen.
Das aber, findet Alice Schwarzer, wäre sicherlich auch nicht die
ideale Lösung, da sie sich nicht vorstellen kann, dass ein NUR-Hausmann
glücklicher wäre als eine NUR-Hausfrau. Und damit mag die engagierte Feministin
sogar Recht haben. Auch früher, als der schöne Schein über manches
hinwegtäuschte und es noch nicht üblich war, über seine Lebensbedingungen
öffentlich zu lamentieren, gab es viele unzufriedene oder gar unglückliche
Hausfrauen und Mütter (und möglicherweise auch Väter). - Eine Frau, die vor
vielen Jahren in eine begüterte Öslinger Bauernfamilie eingeheiratet und somit,
wie man zu sagen pflegt, eine gute Partie gemacht hatte, sei beispielsweise in
diesem Zusammenhang erwähnt. Denn sie wurde nicht glücklich, fühlte sich
ausgenutzt, klagte sie später einmal verbittert ihrer Schwiegertochter. Drei Mal
habe sie, während ihres unbefriedigenden Ehelebens, ihre Schuhe gewichst, um den
Heimweg anzutreten (die Frau stammte aus einem Nachbardorf).Doch wie wäre sie
dort empfangen worden? - Eine Scheidung war zur damaligen Zeit, besonders auf
dem Lande und zumal in streng religiösen Familien, ein Ding der Unmöglichkeit.
Und so blieb die Frau halt bis an ihr Lebensende eine
vorbildliche Hausfrau und Mutter, geachtet von allen Mitbewohnern ihres Dorfes.